Die Gleichstellungsbeauftragte
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Kind in den Hort, Mutter in den Job

07.06.2011

"Der Bundesgerichtshof (BGH) verschärft die Arbeitspflicht für geschiedene Alleinerziehende und zeigt damit, wie grundlegend sich das Unterhaltsrecht mit der Novelle des 1. Januar 2008 geändert hat. Früher hätte sich die geschiedene Frau – nach wie vor sind es meist die Frauen, bei denen die Kinder bleiben – in einem solchen Fall zu hundert Prozent um das Kind kümmern können. Damals galt für den sogenannten Betreuungsunterhalt das Altersphasen- Modell, vulgo „Nullachtfünfzehn-Regel“: Vom achten Lebensjahr an war dem betreuenden Elternteil ein Halbtagsjob zuzumuten, erst vom fünfzehnten Jahr an musste er Vollzeit arbeiten. Heute gilt eine gegenläufige Hundert-Prozent-Regel: Ein Vollzeitjob kann schon nach dem dritten Lebensjahr des Kindes zumutbar sein.

Danach gebe es keinen Vorrang der persönlichen Betreuung: In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung (…) berufen“, heißt es in dem Urteil. „Der BGH hat keine Kinder“, lautete vor einiger Zeit das bittere Fazit eines Familienrechtlers.

Das Unterhaltsrecht besteht keineswegs starr auf der Dreijahresgrenze, sondern ist sehr viel flexibler als früher. Dem betreuenden Elternteil kann der Vollzeitjob aus vielerlei Gründen unzumutbar sein – die Firma ist zu weit entfernt, oder die Zeiten sind zu unflexibel. Sobald aber der Verdienst des Unterhaltspflichtigen nicht ausreiche und das Sozialamt ins Spiel komme, wird den Müttern in der Regel ein Vollzeitjob zugemutet."

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 27. April 2011